Konfliktfreie Bauabläufe sind selten. Zur Klärung von Streitigkeiten wird daher häufig der Weg zum Gericht gesucht. Die Prozesse vor den ordentlichen Gerichten sind aber oftmals sehr unbefriedigend, weil sie i. d. R. langwierig und teuer sind und nach Jahren des Streitens ohnehin oft mit einem Vergleich oder aber der Insolvenz einer der Streitparteien enden. Es gilt daher, alternative Methoden zur Streitbeilegung zu finden und zu nutzen. Gerade, wenn sich Unstimmigkeiten ergeben, bevor das jeweilige Bauvorhaben abgeschlossen ist, gilt es Lösungen zu finden, die auch weiterhin eine effektive und zielgerichtete Zusammenarbeit von Bauherren, Architekten und den am Bau beteiligte Unternehmen sichern und vor allem den erfolgreichen Abschluss des Bauvorhabens selbst in den Vordergrund stellen.
Vor diesem Hintergrund wurden zur Vermeidung langwieriger gerichtlicher Auseinandersetzungen verschiedene Methoden zur außergerichtlichen Streitbeilegung und in diesem Zusammenhang auch spezielle Schlichtungs- und Schiedsordnungen für Baustreitigkeiten entwickelt. Zu nennen sind hierbei insbesondere die Schlichtungs- und Schiedsordnung für Baustreitigkeiten (SOBau) der ARGE Baurecht im Deutschen Anwaltsverein, sowie die Streitlösungsordnung für das Bauwesen der Deutschen Gesellschaft für Baurecht e.V. (SL-Bau).
Die Angebote, Baustreitigkeiten außerhalb der staatlichen Gerichte zu lösen, bieten Möglichkeiten, die Interessen aller am Bauvorhaben Beteiligten gleichermaßen zu berücksichtigen und zu verwirklichen. Dabei wird die Eigenverantwortung der Konfliktparteien in den Vordergrund gestellt und eine zügige und wirtschaftliche Einigung ermöglicht.
Die Anwendung einer speziellen für die Lösung von Baustreitigkeiten entwickelten Verfahrensordnung kommt allerdings nur dann in Betracht, wenn sich die Vertragsparteien insoweit geeinigt haben. Die Vereinbarung, dass bei Konflikten zunächst einmal eine außergerichtliche Streitbeilegung auf der Basis der Schlichtungs- und Schiedsordnung oder Streitlösungsordnung außerhalb der staatlichen Gerichte erfolgen soll, kann und sollte daher bereits bei Vertragsabschluss, einem Zeitpunkt, an dem alle Verfahrensbeteiligten noch den Willen zu erfolgs- und ergebnisorientierter Zusammenarbeit haben, getroffen werden. Es ist daher grundsätzlich sinnvoll, sich bereits vor Vertragsabschluss über die vertraglichen Gestaltungmöglichkeiten anwaltlich beraten zu lassen. Unabhängig davon kann eine solche Vereinbarung aber auch zu jedem späteren Zeitpunkt getroffen werden.
Als Instrumente der außergerichtlichen Streitbeilegung kommen insbesondere die Schlichtung und das Schiedsgerichtsverfahren in Betracht.
- Die Schlichtung fördert kooperative Verhaltensweisen der Parteien, indem sie auf eine einvernehmliche Lösung von Streitfragen hinwirkt und zu einem Schlichtungsspruch führt, dessen Wirksamkeit der Akzeptanz der Parteien bedarf. Sie wird idealerweise baubegleitend durchgeführt, kann aber auch zu jedem späteren Zeitpunkt eingeleitet werden. Sie soll ausufernden Konflikten entgegenwirken und reibungslose Bauabläufe ohne Baustillstände sicherstellen. Auf die Person des Schlichters einigen sich die Parteien zweckmäßigerweise bereits beim Abschluss des Vertrags. Aber auch nach Abschluss der Bautätigkeit bleibt die Schlichtung ein wirksames Instrument, um in der Bauvertragsabwicklung auftretende Probleme wirtschaftlich sinnvoll zu lösen.
- Bei einem schiedsgerichtlichen Verfahren entscheidet das Schiedsgericht unter Ausschluss des ordentlichen Rechtswegs über Streitigkeiten. Die Durchführung des Schiedsgerichtsverfahrens bei aufkommenden Streitigkeiten kann von den Baubeteiligten bereits bei Vertragsabschluss vereinbart werden. Das Schiedsgerichtsverfahren kann aber auch im Anschluss an eine Schlichtung eingeleitet werden, falls diese nicht erfolgreich verläuft. Die wesentlichen Vorzüge eines Schiedsgerichtsverfahrens gegenüber einem ordentlichen Gerichtsverfahren bestehen vor allem darin, dass die Schiedsrichter Branchenkenntnis und Sachkunde mitbringen und die Entscheidungsfindung dadurch wesentlich schneller und zielorientierter ist.
Unabhängig von den bereits entwickelten Methoden und Verfahrensordnungen für die Lösung und außergerichtliche Beilegung von Baustreitigkeiten können die verschiedenen Verfahren grundsätzlich auch individuell kombiniert werden. Egal, welcher Lösungsmöglichkeit oder welchem Verfahren man sich nachfolgend anschließt, ist es aber vor allem wichtig, dass sich die Baubeteiligten, zur Vermeidung von ausufernden Streitigkeiten, bereits im Zusammenhang mit dem Vertragsabschluss über die Gestaltungsmöglichkeiten anwaltlich beraten lassen bzw. beim Auftreten von Unstimmigkeiten möglichst frühzeitig Beratung in Anspruch nehmen, um eine weitere Eskalation der Streitigkeiten zu vermeiden.
Nicola Schulze
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Tätigkeitsschwerpunkt Bau- und Architektenrecht