Immobilienkaufvertrag: Ein Verkäufer täuscht, alle haften!

Problem / Sachverhalt
Der Käufer hat von in Scheidung lebenden Eheleuten das mit einem Wohnhaus bebaute im Miteigentum stehende Hanggrundstück erworben. Vertraglich vereinbart wurde ein Gewährleistungsausschluss für Sachmängel.

Die Vertragsverhandlungen, einschließlich der Besichtigungen, wurden alleine mit der Ehefrau geführt, nachdem sich der Ehemann in dieser Zeit in stationärer Behandlung befunden hat. Während des Zusammenlebens der Eheleute hat der Ehemann auf dem Grundstück in Eigenleistung eine Winkelstützmauer errichtet und ist dabei erheblich von den statischen Vorgaben abgewichen. Die Ehefrau hat davon keine Kenntnis und der Käufer wird über diesen Umstand daher nicht in Kenntnis gesetzt.

Nach dem Erwerb des Grundstückes durch den Käufer muss die Winkelstützmauer wegen unzureichender Standsicherheit aufwändig saniert werden. Die Sanierungskosten von rund 40.000,00 € macht der Käufer nachfolgend gegenüber den Eheleuten als Verkäufer geltend.

Das Oberlandesgericht hat der Klage lediglich gegen den Ehemann stattgegeben. Die gegen die Ehefrau gerichtete Klage wurde dagegen wegen des vereinbarten Haftungsausschlusses und fehlender Kenntnis von der mangelhaften Ausführung der Winkelstützmauer abgewiesen.

Entscheidung
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil insoweit aufgehoben, als die gegen die Ehefrau gerichtete Klage abgewiesen worden ist. Der Bundesgerichtshof (Urteil vom 08.04.2016 – V ZR 150/15) hat den Rechtsstreit zugunsten des Käufers entschieden und bejaht auch die Haftung der Ehefrau. Diese kann sich trotz ihrer fehlenden Arglist nicht auf den vertraglich vereinbarten Ausschluss der Sachmängelhaftung berufen.

Es ist grundsätzlich unerheblich, ob der arglistige Verkäufer die Verkaufsverhandlungen führt und sich der Mitverkäufer dessen Verstoß gegen die Offenbarungspflicht zurechnen lassen muss oder aber ob sich der arglistige Verkäufer im Hintergrund hält und dem ahnungslosen Miteigentümer die Verkaufsverhandlungen überlässt, der Verkäuferseite ist insgesamt die Berufung auf den Haftungsausschluss verwehrt, wenn sich auch nur einer der Verkäufer arglistig verhält und einen offenbarungspflichtigen Mangel nicht offenlegt.

Praxishinweis
Bei mehreren Verkäufern müssen diese im Innenverhältnis dafür Sorge tragen, dass die ihnen gegenüber dem Käufer bestehenden Offenbarungspflichten bei Vorhandensein eines Mangels erfüllt werden. Nur dann können sie auch vom Ausschluss der Sachmängelhaftung in einem notariellen Kaufvertrag profitieren.

Insbesondere bei Unklarheiten oder Unstimmigkeiten, ob und in welchem Umfang auf Seiten der Verkäufer eine Offenbarungspflicht besteht, sollte daher in jedem Fall vor Vertragsabschluss anwaltliche Beratung in Anspruch genommen werden.

Nicola Schulze
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht