Werkvertragsrecht: Nach 8-10 Monaten gilt die Leistung als abgenommen!

Problem/Sachverhalt

Der Auftragnehmer (AN) verlangt vom Auftraggeber (AG) rund 4.000,00 € restliche Vergütung aus einem Vertrag über die Herstellung und den Einbau von Fenstern. Eine offizielle Abnahme der Arbeiten des AN hat nicht stattgefunden. Das Anwesen, in das die Fenster eingebaut worden sind, wurde vom AG vermietet und seither bestimmungsgemäß von den Mietern genutzt. Die Parteien streiten darüber, ob die Leistungen des AN überhaupt abgenommen worden sind, sowie über die Höhe der vom AN verlangten ortsüblichen Vergütung. Nachdem eine Einigung nicht möglich ist, wird die restliche Werklohnforderung vom AN gerichtlich weiterverfolgt.

Entscheidung

Das Landgericht Köln, sowie das Oberlandesgericht Köln (Urteil vom 24.07.2015 – 19 U 129/14) haben dem AN und damit der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Nach Auffassung des Oberlandesgerichts ist 8 – 10 Monate nach Vollendung der Arbeiten, auch unter Berücksichtigung einer gewissen Prüfzeit, in der bestimmungsgemäßen Ingebrauchnahme zumindest eine stillschweigende Abnahme zu sehen. Es kann dann davon ausgegangen werden, dass die Werkleistungen als vertragsgemäß angesehen werden.

Auch aus dem Umstand, dass das Objekt vorliegend nicht vom AG selber genutzt, sondern vermietet wurde, ergibt sich dabei nichts anderes, weil der AG sich als Vermieter selber einen Eindruck vor Ort verschaffen oder bei seinen Mietern nachfragen kann, ob Mängel aufgetreten sind. Wird eine weitere Überprüfung der Werkleistungen unterlassen und werden auch keine relevanten Mängel gerügt, beinhaltet die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme, auch seitens des Mieters, die Abnahme der Leistungen. In diesem Fall ist der AG auch zum Ausgleich der üblichen Vergütung verpflichtet.

Praxishinweis

Bei Werkleistungen an bzw. in einem vermieteten Anwesen ist zu berücksichtigen, dass auch die bestimmungsgemäße Ingebrauchnahme durch einen Mieter zumindest eine konkludente Abnahme der Werkleistungen beinhalten kann. Auf Seiten des Auftraggebers und Vermieters ist es daher notwendig, sich möglichst frühzeitig nach Fertigstellung der Arbeiten selber einen Eindruck vor Ort zu verschaffen, um abzuklären, ob Mängel vorliegen, die gerügt werden müssen, bzw. ob die festgestellten Mängel so schwerwiegend sind, dass eine Abnahme der Leistungen verweigert werden kann.

Um mögliche Mängelansprüche möglichst frühzeitig abzuklären und fristwahrend geltend zu machen, ist es grundsätzlich ratsam, sich im Hinblick auf das weitere Vorgehen vorab anwaltlich beraten zu lasen.

Nicola Schulze
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht
Fachanwältin für Bau- und Architektenrecht